Station 12: Pulvermühle

Die Siedlung Pulvermühle auf Dußlinger Gemarkung entstand 1861. Damals erhielten die Unternehmer Ruoff von Mössingen und Jakob Rilling (1818-1874) von Dußlingen die Genehmigung zur Errichtung einer Pulvermühle, in der sie Jagd-, Schieß- und Sprengpulver herstellen wollten.

Sie beschäftigten vier Arbeiter in ihrem Werk, das Tag und Nacht lief. Zwei hatten ihr Know How vermutlich in der Rottweiler Pulverfabrik erworben. Weitere fünf Angestellte arbeiteten im Umfeld der Anlage. In der Fabrik mussten die Arbeiter Filzschuhe tragen, damit nicht die genagelten Straßenschuhe Funken schlagen konnten. Das Dach durfte nicht genagelt, sondern nur geklebt werden, damit der plötzlich ansteigende Druck im Fall einer Explosion unschädlicher entweichen konnte.

Hohe Erdwälle nach Ost und Nord sollten die Straße von Gönningen nach Tübingen, die direkt am Werk vorbeiführte, schützen. Trotz aller Vorkehrungen explodierte die Pulverfabrik innerhalb kürzester Zeit dreimal, am 19. März 1863, am 16. September 1863 und in der Nacht vom 23. auf den 24. August 1864. Bei der zweiten Explosion kamen drei Arbeiter ums Leben. Bis auf Stockacher Markung wurden Trümmer durch die Luft geschleudert.

Einer der Betreiber: "Ich bildete mir gleich ein, daß die Arbeiter umgekommen seyn werden. Ich hab' nicht hin können, mir waren meine Gedanken fort." Ein Sachverständiger wies die Schuld an den häufigen Betriebskatastrophen der "Uneinsichtigkeit der Arbeiter" zu, weil sie beispielsweise nicht ständig Filzschuhe getragen hätten. Übrigens explodierte auch die Tübinger Pulvermühle zweimal kurz hintereinander, 1851 und 1852.

Nach der dritten Detonation in Dußlingen erhielt das Werk keine Betriebsgenehmigung mehr. Daraufhin nutzte Jakob Rilling die Mühle zur Herstellung von Zement. Sein 11. Kind (von 18!), Ludwig Rilling, wurde der Begründer der bekannten Sektkellerei in Cannstatt.