Station 11: Ölschieferwerk

Im heutigen Neubaugebiet Maltschach/Geigesried und auf dem Höhnisch bestand seit 1944 ein Werk zur Ölgewinnung aus Schiefer. Im Schiefer ist zu etwa fünf Prozent Bitumen enthalten, eine klebrige Kohlen-Wasserstoff-Verbindung. Seit dem Verlust von Ölfeldern vor allem in der Sowjetunion und in Rumänien versuchte die deutsche Führung, heimische Ölschiefervorkommen als Ersatz nutzbar zu machen. Im Albvorland führte das entsprechende Unternehmen die Tarnbezeichnung "Wüste". Das erste von dessen zehn Werken stand in Dußlingen, die neun anderen im heutigen Zollernalbkreis.

Zum Bau des Dußlinger Werkes wurden zeitweise KZ-Häftlinge täglich mit Bahnwaggons von einem Lager bei Bisingen zum hiesigen Bahnhof gebracht. KZ-Friedhöfe bei Bisingen, Schömberg und Schörzingen sowie die Gedenkstätte Eckerwald erinnern heute an die mindestens 3472 Ermordeten der Konzentrationslager des "Wüste"-Projektes. Weil das Dußlinger "Werk 1" von den Konzentrationslagern zu weit entfernt lag, setzte die Bauleitung hier in der Hauptsache 739 italienische Kriegsgefangene und Zwangsarbeiter ein. Die Aufsicht und Leitung lag bei 200 bis 300 Mann der Organisation Todt.
Die Raffinerie erhielt einen Bahnanschluss. Zum Gelände führte eine Lorenbahn. Nach dem oberirdischen Abbau des Ölschiefers lagen circa 40 Hektar Ackerland in den Flurstücken Geigesried und Maltschach wüst.

Trotz aller Anstrengungen und menschenverachtenden Brutalität konnte das Werk 1 auf dem Höhnisch seine Produktion während des Krieges nicht mehr aufnehmen. Dafür sorgten auch zahlreiche Störungen durch alliierte Luftangriffe und das Näherrücken der Front. Einem Luftangriff fielen der Italiener Cäsare Dannjbali und der Pole Stanislaus Przybylak zum Opfer.

Das französische Militärgouvernement ließ das Werk nach Kriegsende mit deutschen Arbeitern weiterbetreiben. Vom 15. November bis 17. Dezember 1945 wurden sieben Wandermeiler auf dem Höhnisch abgeschwelt: Unter Luftabschluss brannte der zu langen Reihen über perforierten Rohren aufgeschichtete Schiefer langsam ab und setzte dabei ein zähflüssiges Öl frei. Anschließend schlossen die Betreiber das Dußlinger Werk. Auch in Bisingen endete der unwirtschaftliche "Ölrausch" 1947. Anfang der 1950er Jahre konnte mit der Rekultivierung des Geländes begonnen werden. Da es im Schnittpunkt der Gemeinden Gomaringen, Dußlingen und Nehren liegt, sahen gemeinsame Planungen der Kommunen dieses Gebiet als neues Zentrum vor. Von den einstigen Planungen wurde das Schulzentrum verwirklicht, 1996 erschloss die Gemeinde Dußlingen einen Großteil des Areals als Baugebiet.